Der sozialistische Weg Chinas

Autor: Rolf Berthold

Vortrag von Rolf Berthold beim Deutsch-Chinesischen Freundschaftsverein am 22. Juni 2013 (Die Veröffentlichung auf dieser Website (DFV Dresden) erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Referenten)

Mit ihrer Gründung am 1. Juli 1921 hat sich die KP Chinas zum Marxismus/Leninismus bekannt und den Kommunismus als ihr Ziel erklärt.

Die Werke von Marx und Engels standen lange Zeit nur zum Teil und in unzureichender Übersetzung zur Verfügung.

Die gesellschaftlichen Bedingungen zur Zeit der Gründung der KP Chinas und des Sieges der Revolution 1949 unterschieden sich von denen, die Marx für den Sieg des Sozialismus vorausgesetzt hatte (hoch entwickelte kapitalistische Produktion).

In China existierte eine halbfeudale, halbkoloniale Gesellschaft. Die Aufgabe bestand in der Vollendung der bürgerlich-demokratischen Revolution. Die Bourgeoisie war dazu nicht in der Lage und nicht bereit.

Die Vollendung der bürgerlich-demokratischen Revolution konnte nur unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer Partei erfolgen. Dieser Prozess erhielt später die Bezeichnung „Neudemokratische Revolution“.

Marx stellte fest: Die Bourgeoisie kann erst dann die politische Macht ergreifen, wenn die kapitalistischen Produktionsverhältnisse weitgehend ausgebildet sind. Aber sozialistische Produktionsverhältnisse können erst unter Bedingungen der politischen Macht der Arbeiterklasse geschaffen werden (sie entstehen auch nicht spontan, „unabhängig vom Willen der Menschen“).

Zur Zeit der Gründung der VR China hatte das Land einen niedrigen Stand der ökonomischen und zivilisatorischen Entwicklung.

Zunächst wurden politische Strukturen einer neudemokratischen und übergehend in eine sozialistische Ordnung geschaffen. Das war unumgänglich, war aber auch mit gravierenden Fehlern, der Nichtbeachtung der Entwicklung der Produktivkräfte als erstrangige Aufgabe des Sozialismus verbunden.

In der Anfangsetappe nach 1949 blieb die chinesische Entwicklung innerhalb des Konzeptes des traditionellen Sozialismus (heute wird eingeschätzt: auch nach Stalin wurden die existierenden konkreten Strukturen des Sozialismus mit der grundlegenden Ordnung des Sozialismus gleichgesetzt).

In Auswertung des XX. Parteitages der KPdSU hat Mao Zedong 1956 die Rede „Über die 10 großen Beziehungen“ gehalten und 1957 die Arbeit „Über die richtige Lösung der Widersprüche im Volk“ veröffentlicht. Die zentralen Aussagen waren.

  • die Produktivkräfte sind der revolutionärste, der entscheidende Faktor
  • es muss klar zwischen antagonistischen und nichtantagonistischen Widersprüchen unterschieden werden

In der Folgezeit kam es zu schweren politischen Fehlern (Volkskommunen, Großer Sprung, bis zur Kulturrevolution), aber die Zerstörung der sozialistischen Ordnung wurde verhindert.

Die KP Chinas stand dann vor der Frage des weiteren Weges.
Auf der 3. Tagung des XI. ZK im Dezember 1978 und auf dem XII. Parteitag 1982 erfolgte die Kurskorrektur der KP Chinas (Reformen, Öffnung nach außen, sozialistische Modernisierung). Es wurde die Orientierung auf die Errichtung des Sozialismus chinesischer Prägung, die strikte Beachtung der konkreten Lage des Landes (nicht nur im Prozess der Revolution, sondern auch beim Aufbau des Sozialismus) gegeben.

Die KP Chinas beurteilt die Fehler der KPdSU unter Führung Stalins, die folgende Entwicklung bis zur Niederlage des Sozialismus in der UdSSR sowie die Fehler der KP Chinas im engen Zusammenhang.

Die Einschätzung eines chinesischen Wissenschaftlers:

Für die Beurteilung der Ursachen der Niederlage sind drei Prinzipien zu beachten:

  1. Bei der Analyse muss den inneren Ursachen der Vorrang gegenüber den äußeren Ursachen gegeben werden. Die grundlegende Ursache für die Niederlage des Sozialismus in der Sowjetunion und Osteuropa ist in der Partei zu suchen, in der politischen Linie der Partei und der Politik der Partei. Die historische Ursache war das lang andauernde verknöcherte Denken und die ihm entsprechenden Strukturen, was es unmöglich machte, die Überlegenheit des Sozialismus voll zur Geltung zu bringen und was Unzufriedenheit im Volk hervorrief. In einigen Ländern hat der Feind diese Unzufriedenheit direkt genutzt und das sozialistische System gestürzt. In anderen Ländern war sich die Führung dieser Probleme bewusst und sie versuchte, durch die Einleitung von Reformen eine Lösung zu finden. Aber sie wählten eine rechtsopportunistische Linie und der Feind nutzte diesen Opportunismus, erstarkte und ergriff die Macht sowohl von innen als auch von außen und brachte den Sozialismus zum Kollaps. Dagegen blieb der Sozialismus in China stabil und entwickelte sich erfolgreich.
  2. Die chinesischen Erfahrungen zusammenfassend müssen zuerst Inhalt und Ursachen der Irrtümer betrachtet werden, bevor Individuen die Schuld gegeben wird. Wenn es Irrtümer in der Linie der Partei gibt, tragen die Führer, der oberste Führer insbesondere, die Hauptverantwortung. Sie müssen eindeutig für ihre Fehler kritisiert werden, wenn erforderlich, müssen organisatorische Maßnahmen getroffen werden. Aber man darf nicht die ganze Schuld auf Individuen abladen, noch sollte ihnen alle Ehre gegeben werden. Mao Zedong sagte: „Wenn wir uns mit Fragen der Geschichte der Partei befassen, sollten wir die Betonung nicht auf die Verantwortung einzelner Genossen legen, sondern auf die Analyse der Umstände, unter welchen Irrtümer auftreten, auf den Inhalt dieser Irrtümer und deren gesellschaftliche, historische und ideologische Wurzeln.“
    Die sowjetischen Führer haben eine solche Haltung gegenüber Stalin nicht eingenommen. In einer Periode von 39 Jahren, beginnend mit Nikita Chruschtschow und über den ganzen Weg bis zu Michael Gorbatschow verfluchten sie Stalin, als ob alles gut wäre, wenn Stalin komplett diskreditiert wäre. Gleichzeitig widmeten sie kaum Aufmerksamkeit auf das historische Umfeld und die ideologischen und institutionellen Ursachen für die Fehler Stalins. Es ist nicht notwendig darauf hinzuweisen, dass sie keine nützlichen Erfahrungen und Lehren für die gesamte Partei zogen und damit unfähig waren, eine Lösung für diese Probleme zu finden. Im Gegenteil, in der großen Bewegung gegen Stalin wurde der Weg für ungezügelten Opportunismus geöffnet.
  3. Die Zusammenfassung der chinesischen Erfahrungen muss alle Fragen analytisch behandeln, weder alles bestätigen, noch alles negieren.
    Während der Periode Stalins hat die KPdSU ernste Fehler im Bereich der Politik, der ökonomischen, der Außen-, Religions- und Minderheitenpolitik gemacht. Diese Fehler fügten dem sozialistischen System der Sowjetunion großen Schaden zu und hatten großen Einfluss auf andere sozialistische Länder. Doch es ist eine realistische und praktikable Haltung erforderlich und man darf nicht denken, dass in der Sowjetunion unter Stalin alles falsch lief und dass Stalin alles falsch machte. Wie ist sonst zu erklären, warum die sowjetische Wirtschaft ein rapides Wachstum erreichte, wie sie der Herausforderung des II. Weltkrieges widerstand und das faschistische Deutschland besiegte und wie ein ursprünglich rückständiges Russland eine Supermacht wurde, die in wenigen Jahrzehnten den USA auf Augenhöhe gegenüber stand? Alles zu negieren führt nur zur Negierung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, zur Negierung des Sozialismus und zur Negierung des Marxismus.
    Es ist auch erforderlich, das sowjetische Modell konkret zu untersuchen, das ist das überkonzentrierte wirtschaftliche und politische System, das in den 1930er Jahren errichtet wurde. Einerseits hatte dieses System Fehler, die korrigiert werden mussten. Andererseits muss akzeptiert werden, dass es seine Wurzeln in der Geschichte hatte. In der Zeit des Krieges und angesichts der Gefahr des Krieges spielte das hochkonzentrierte System eine lebenswichtige Rolle.
    Die KP Chinas hat nicht in metaphysischer Weise bei der Zusammenfassung der eigenen historischen Erfahrungen alles negiert, einschließlich der Erfahrungen und Lektionen der „Kulturrevolution“. In der Resolution zur Geschichte der KP Chinas von 1982 wurde auch erklärt, „in dieser Periode (der Kulturrevolution) haben weder die Partei, die Volksmacht, die Volksarmee noch die gesamte Gesellschaft die Farbe gewechselt“. Es wurde betont, dass das sozialistische System ernst beschädigt wurde und dass es zwingend notwendig war, Reformen durchzuführen. Gleichzeitig wurde die Notwendigkeit hervorgehoben am grundlegenden System des Sozialismus festzuhalten. Die Reformen sind die Selbst-Verbesserungen des Sozialismus, unter keinen Umständen darf die Korrektur „linker“ Fehler in die Negierung des Marxismus und Sozialismus verwandelt werden.

Es ist eine Tatsache, dass die gravierenden Veränderungen in der Sowjetunion und Osteuropa sehr komplex und in den verschiedenen Ländern unterschiedlich sind. Aber letztendlich war die Ideologie in diesen Ländern falsch. In einer relativ langen Periode herrschten Dogmatismus und Personenkult. Sie führten zu den „linken“ Fehlern des übertriebenen Aufbauschens des Klassenkampfes und zu einem rigiden sozialistischen Modell mit dem Ergebnis, dass die Überlegenheit des Sozialismus nicht zur vollen Wirksamkeit geführt werden konnte. Als die Reformen eingeleitet wurden, fielen sie in das andere Extrem und machten „rechte“ Fehler. Z.B. wurde der Marxismus ideologisch als Dogma hingestellt, folgerichtig wurde die führende Rolle des Marxismus negiert. Politisch wurde der Klassenkampf übertrieben und dann die Existenz des Klassenkampfes negiert und ein so genannter „Sozialismus mit humanem Gesicht“ propagiert. Sie hatten dem Volk das Recht auf Demokratie vorenthalten aber sie traten dann gegen die Führung durch die Kommunistische Partei unter dem Mantel des „politischen Pluralismus“ auf und praktizierten ein „Mehr-Parteien-System“. Ökonomisch praktizierten sie eine Politik des reinen gesellschaftlichen Eigentums, aber dann privatisierten sie alles. All diese Fakten zeigen, dass die wesentliche Ursache der Niederlage des Sozialismus in der Sowjetunion und Osteuropa in einer falschen ideologischen Linie bestand.

Chinesische Wissenschaftler formulieren folgende Lehren:

  • Beim Aufbau des Sozialismus muss man von der tatsächlichen Lage ausgehen und den Marxismus mit den spezifischen Bedingungen des Landes verbinden.
    Es gibt kein feststehendes Modell des Sozialismus.
    Ein gemeinsamer Fehler in der internationalen Kommunistischen Bewegung bestand darin, die Reife des Sozialismus im eigenen Land zu überschätzen
  • Die Theorie des wissenschaftlichen Sozialismus muss weiterentwickelt werden (die Entwicklung des Marxismus/Leninismus ist nicht 1924 beendet)

Die von der KP Chinas gestellte Aufgabe ist die Erkundung des Weges für den Aufbau des Sozialismus chinesischer Prägung und seine Realisierung. Zu den ersten Problemen dieser Entwicklung zählt die Erkenntnis, dass es sich um den Sozialismus in der Anfangsetappe handelt. Es gibt kein Dokument der KP Chinas, in welchem die Frage beantwortet wird, was Sozialismus chinesischer Prägung ist. Deng Xiaoping hat die Grundlage dafür gelegt, Jiang Zemin und Hu Jintao haben zu seiner Ausarbeitung wichtige Beiträge geleistet. Heute kann man sagen, dass das System des Sozialismus chinesischer Prägung schon deutlicher formuliert ist. Im Rechenschaftsbericht an den XVIII. Parteitag der KP Chinas (November 2012) heißt es: In den 5 Jahren seit dem XVII. Parteitag sind wir auf dem Weg des Sozialismus chinesischer Prägung mutig vorwärts geschritten, haben verschiedenartigen Schwierigkeiten und Risiken standgehalten und neue Siege beim umfassenden Aufbau einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand errungen.

Chinesische Politiker und Wissenschaftler erklären:

Was ist Sozialismus, wie ist er aufzubauen und was ist Sozialismus chinesischer Prägung:

  1. Weder Armut noch langsame Entwicklung ist Sozialismus. Deng Xiaoping formulierte: „Das Wesen des Sozialismus besteht in der Befreiung und Entwicklung der Produktivkräfte, der Beseitigung der Ausbeutung und Polarisierung und letztendlich dem Erreichen von Wohlstand für alle“. Das Wesen des Sozialismus wird sicher dann umfassender charakterisiert, wenn tatsächlich allseitiger Fortschritt der Gesellschaft und die Anforderungen des Volkes nach umfassender Entwicklung erkannt werden können.
  2. Die fundamentale Aufgabe des Sozialismus ist die Entwicklung der Produktivkräfte. Der wirtschaftliche Aufbau ist als ständige vorrangige Aufgabe zu betrachten. Der Schlüssel für die Entwicklung der Produktivkräfte ist Wissenschaft und Bildung. Die Überlegenheit des sozialistischen Systems besteht darin, den Produktivkräften die Möglichkeit zu schaffen, sich schnell zu entwickeln und die Defizite, die im alten China vorherrschten, zu überwinden; die Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse des Volkes ständig zu verbessern.
  3. Sozialismus chinesischer Prägung bedeutet, an den Reformen und der Öffnung nach außen sowie den 4 Grundprinzipien[1] festzuhalten.
  4. Weder Gleichmacherei noch Polarisierung sind Sozialismus. Das letztendliche Ziel des Sozialismus ist gemeinsamer Wohlstand. Aber gemeinsamer Wohlstand bedeutet nicht, Wohlstand für alle zum gleichen Zeitpunkt. Einigen Menschen und einigen Gebieten muss es erlaubt sein, zuerst wohlhabend zu werden.
    Deng Xiaoping: „Die bedeutendste Überlegenheit des Sozialismus besteht darin, dass alle Menschen die Möglichkeit haben, wohlhabend zu werden. Gemeinsamer Wohlstand ist das Wesen des Sozialismus. Anders ist es, wenn Polarisierung auftritt.“.
  5. Den großen Einkommensunterschieden im Prozess der Zulassung, dass einige zuerst wohlhabend werden, muss Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das erfordert behutsame und geschickte Behandlung. Legale hohe Einkommen sollen erlaubt und geschützt werden. Aber gleichzeitig müssen regulierende Maßnahmen ergriffen werden. Plötzliche hohe, illegitime Profite müssen mit den gesetzlichen Mitteln behandelt werden.
  6. Sozialismus chinesischer Prägung verbindet Sozialismus und Marktwirtschaft. Die theoretischen Positionen zur sozialistischen Marktwirtschaft wurden seit der 3. Tagung des XI. ZK 1978 entwickelt und schrittweise in die Praxis eingeführt. In diesem Prozess wurde ein Mechanismus geschaffen, bei dem die Preise in erster Linie von den Marktkräften gebildet wurden. In der Produktion von Konsumgütern und der Mehrheit der Produktionsmittel wurden die Direktivpläne abgeschafft. 95% der Preise der Waren und Dienstleistungen sind jetzt Gegenstand der Marktkräfte. Das System der makroökonomischen Regulierung wurde verbessert und verstärkt.
    Deng Xiaoping wies darauf hin, dass im Sozialismus auch Marktwirtschaft genutzt werden kann. Jiang Zemin warf die Frage eines Systems sozialistischer Marktwirtschaft auf. Die Entwicklung von Marktwirtschaft vor dem Hintergrund des Sozialismus ist ein historischer Beitrag der chinesischen Kommunisten für die Entwicklung des Marxismus. Die Überleitung vom System der Planwirtschaft zu einem System der sozialistischen Marktwirtschaft ist ein historischer Durchbruch bei den Reformen und der Öffnung nach außen. Das beinhaltet das grundlegende Wirtschaftssystem der parallelen Entwicklung verschiedener Sektoren bei Dominanz des gesellschaftlichen Eigentums, das Verteilungssystem mit der Verteilung nach der Leistung als Hauptbestandteil bei Zulassung anderer Verteilungsformen. Der Sozialismus chinesischer Prägung ist charakterisiert von der Verbindung von Sozialismus mit moderner Marktwirtschaft. Viele andere Veränderungen in der chinesischen Gesellschaft, einschließlich solcher auf politischem und kulturellem Gebiet basieren auf der Entwicklung der sozialistischen Marktwirtschaft.
    Planwirtschaft bedeutet nicht zwangsläufig Sozialismus und eine Marktwirtschaft bedeutet nicht zwangsläufig Kapitalismus. Marktwirtschaft kann auch im Sozialismus angewandt werden.
    Lange Zeit wurde von Marxisten und den westlichen bürgerlichen Ökonomen die Auffassung vertreten, dass Planwirtschaft das Wesen des Sozialismus und Marktwirtschaft das charakteristische Merkmal des Kapitalismus sei. Deng Xiaoping: „Es gibt keinen fundamentalen Widerspruch zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft.“
    Man muss theoretisch verstehen, dass der Unterschied zwischen Kapitalismus und Sozialismus nicht in der Marktwirtschaft im Gegensatz zur Planwirtschaft besteht. Sozialismus hat Regulierungen durch den Markt und im Kapitalismus gibt es Kontrolle durch Planung. Planung und Regulierung durch den Markt sind beides Methoden der Kontrolle der ökonomischen Aktivitäten, der Markt kann auch dem Sozialismus dienen.
  7. Sozialismus chinesischer Prägung beinhaltet koordinierte Entwicklung einer ökonomischen, politischen und kulturellen Zivilisation und allumfassenden Fortschritt auf sozialem und ökologischem Gebiet. Von der Betonung der dialektischen Beziehung von materieller und geistiger Zivilisation durch Deng Xiaoping, der Orientierung von Jiang Zemin auf die Schaffung der materiellen, politischen und kulturellen Zivilisation bis zum wissenschaftlichen Entwicklungskonzept, initiiert von Hu Jintao, all dies ist der Inhalt des grundlegenden Programms im Anfangsstadium des Sozialismus.
  8. Ohne Demokratie gibt es keinen Sozialismus, keine sozialistische Modernisierung, Demokratie ist ein wichtiges politisches Merkmal des Sozialismus.
    Deng Xiaoping: „Demokratie muss institutionalisiert und in Gesetze gefasst werden, damit gesichert wird, dass Institutionen und Gesetze nicht geändert werden können, wenn die Führung verändert wird oder wenn die Führung ihre Ansichten oder ihre Blickrichtung verändert. Gemeinsam mit der Ausdehnung unserer Produktivkräfte müssen wir unsere sozialistischen ökonomischen und politischen Strukturen reformieren und verbessern, eine hoch entwickelte sozialistische Demokratie schaffen und das sozialistische Rechtssystem vervollkommnen.
  9. Reformen und Öffnungspolitik sind wichtig für das Schicksal des Landes.
    Deng Xiaoping: „Wenn wir wollen, dass der Sozialismus die Überlegenheit über den Kapitalismus erreicht, dürfen wir nicht zögern, aus den Leistungen aller Kulturen zu schöpfen und von allen Ländern zu lernen, einschließlich der entwickelten kapitalistischen Länder, alle fortschrittlichen Methoden und Managementmethoden, die die Gesetze, die die Gesetzmäßigkeiten der modernen gesellschaftlichen Produktion reflektieren.“
  10. Beim Aufbau des Sozialismus ist es wesentlich, an der Führung durch die KP Chinas festzuhalten und sie zu verbessern.
    Eine der wichtigen Lehren aus den dramatischen Veränderungen in der Sowjetunion und in Osteuropa besteht darin, an der Führung durch die Kommunistische Partei festzuhalten.
    Der Weg zum Sozialismus und Kommunismus kann nur gebahnt werden, wenn gegen verschiedene feindliche Kräfte gekämpft und verschiedene Schwierigkeiten und Hindernisse überwunden werden.
  11. Sozialismus chinesischer Prägung verlangt Frieden und Entwicklung. Die Erhaltung des Weltfriedens und die Förderung gemeinsamer Entwicklung ist der Zweck der chinesischen Außenpolitik. Die KP Chinas führt eine unabhängige Außenpolitik des Friedens durch.
    Sie tritt dafür ein, dem Trend der Zeit gerecht zu werden, die gemeinsamen Güter der Menschheit zu bewahren, eine neue internationale politische und ökonomische Ordnung, die gerecht und vernünftig ist, zu schaffen. Die Unterschiede auf der Welt müssen zur Kenntnis genommen werden, die internationalen Beziehungen sollen demokratisiert, die Diversifikation der Entwicklungsmodelle beibehalten werden.
    Die Prinzipien der erfolgreichen Lösung der Hongkong- und der Macao – Fragen werden zur Behandlung der Taiwan-Frage herangezogen werden. Die Taiwan-Frage ist ein kompliziertes Problem, es handelt sich um einen langfristigen Prozess.

Heute, da sich die sozialistische Weltbewegung auf einem Tiefpunkt befindet wird die kräftige Entwicklung des Sozialismus chinesischer Prägung im Osten die Wiederbelebung der sozialistischen Sache weltweit mit sich bringen. China wird der Welt durch seine Praxis zeigen, dass der Sozialismus eine große Lebenskraft und eine helle Zukunft hat.

Der Aufbau des Sozialismus in einem ökonomisch und gesellschaftlich rückständigen Land mit großer Bevölkerung ist eine außerordentliche Herausforderung. Die KP Chinas musste neue Wege des Aufbaus des Sozialismus in China finden.

  • Lange Zeit wurde die Aufgabe der Entwicklung der Produktivkräfte ernsthaft unterschätzt und das Volk aufgefordert, in Armut zu leben. Die Kluft zwischen China und den entwickelten Ländern vertiefte sich.
  • Es wurde über die Produktionsverhältnisse gesprochen, ohne das Niveau der Produktivkräfte zu beachten. Die Entwicklung der Produktionsverhältnisse erhielt Vorrang gegenüber der Entwicklung der Produktivkräfte.

In den Dokumenten der KP Chinas spielt die Betonung der Anfangsphase des Sozialismus eine entscheidende Rolle. Diese Entwicklungsphase wird auf eine Periode von etwa 100 Jahren, also bis 2050 angesetzt. Bis 2020 wird die erneute Verdoppelung des Bruttoinlandproduktes und des Einkommens, die Erreichung eines bescheidenen Wohlstandes, anvisiert. Es wird nicht von der Schaffung der Grundlagen des Sozialismus gesprochen, denn in der Anfangsphase gibt es Dinge, die mit Sozialismus nichts zu tun haben (z.B. Teile der Eigentumsverhältnisse).

Für diese Periode ist betreffend der Eigentumsverhältnisse festgelegt:

Die gemeinsame wirtschaftliche Entwicklung verschiedener Eigentumsformen mit dem Gemeineigentum als Hauptbestandteil ist die grundlegende ökonomische Ordnung in der Anfangsphase des Sozialismus in unserem Land, wie es auch in die Verfassung geschrieben wurde.
Das Gemeineigentum ist die Grundlage der sozialistischen Wirtschaftsordnung. Das ist das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Ohne gemeineigene Wirtschaft als Hauptbestandteil gibt es keine ökonomische Basis des Sozialismus, kann man nicht davon reden, dass das Volk Herr im Hause ist, gibt es auch keine Machtausübung durch die Kommunistische Partei und nicht die ökonomische Basis des gesamten sozialistischen Überbaus, kann man die sozialistische Ordnung nicht festigen und entwickeln.
Unter Bedingungen sozialistischer Marktwirtschaft kann und muss die Realisierung des Gemeineigentums in verschiedenen Formen erfolgen.
In der gemeineigenen Wirtschaft sind die vollständig staatseigenen Betriebe und die Aktiengesellschaften mit mehrheitlich staatlichem Eigentum wichtige Realisierungsform des staatlichen Eigentums. Nach langjährigen Reformen und gründlicher Erprobung haben die meisten staatlichen Betriebe auf dem Weg der Umgestaltung zu Aktiengesellschaften tief greifende Veränderungen erfahren. Sie wurden zu selbstständigen Marktsubjekten und juristischen Personen. Sie sind die organische Verbindung von staatseigener Wirtschaft und Marktmechanismus.
Bis zum März 2010 erreichte die Bildung von Aktiengesellschaften bei den zentralen Betrieben bereits 70%. Bei wichtigen Unternehmen hat der Staat die Aktienmehrheit. Gegenwärtig und noch eine bestimmte Zeit ist es erforderlich, weiter verschiedene Realisierungsformen der staatlichen Wirtschaft zu untersuchen, um die Qualität und Effektivität der staatlichen Wirtschaft zu erhöhen.
Die kollektive Wirtschaft umfasst kollektive Einheiten auf dem Lande sowie in Städten und Gemeinden. Sie sind wichtiger Bestandteil der gemeineigenen Wirtschaft. Sie leisten einen wichtigen Beitrag für die Förderung der harmonischen Entwicklung der Volkswirtschaft, für die Befriedigung der Marktbedürfnisse und die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Bei der dörflichen kollektiven Wirtschaft sind auf der Grundlage der Familienverantwortungssysteme verschiedene Formen der kollektiven Wirtschaft zu entwickeln, neue Kooperationsorganisationen der Bauern zu finden.
Die Wirtschaft mit gemischtem Eigentum hat in China breite Entwicklungsmöglichkeiten und dient der Entfaltung der Vorzüge der verschiedenen Eigentumsformen. Gegenwärtig sind Betriebe des Gemeineigentums an nicht gemeineigenen Betrieben beteiligt und umgekehrt. Diese Form des gemischten Eigentums ist stark vertreten.
Man muss beachten, dass die Aktien nur eine Organisationsform des Kapitals und keine Eigentumsform der Produktionsmittel sind. Das Wesen der Aktienwirtschaft wird vor allem von dem Wirtschaftsteil bestimmt, der die Aktienmehrheit kontrolliert, in wessen Hand die Aktienmehrheit liegt. Wenn der Staat und das Kollektiv die Aktienmehrheit besitzen, ist es eindeutig Gemeineigentum. Wenn Privatpersonen die Aktienmehrheit besitzen, handelt es sich eindeutig um Privateigentum. Deshalb ist es erforderlich, in den Schlüsselzweigen und wichtigen Betrieben die Aktienmehrheit des gemeineigenen Kapitals zu behaupten, erst so kann gewährleistet werden, dass das Aktiensystem eine Realisierungsform des Gemeineigentums ist. In Aktiengesellschaften mit staatlichen und kollektiven Aktienanteilen muss der staatliche und kollektive Partner seine Rolle aktiv entfalten und die Leitung der Produktion in der Hand haben und kontrollieren, den Anteil der gemeineigenen Wirtschaft festigen und entwickeln.
(Renmin Ribao 24.08.2010)

Die Form von Aktiengesellschaften ist als Teil der Eigentumsstruktur in der VR China erst wenige Jahre alt. Nach der Niederlage des Sozialismus in den „traditionellen“ sozialistischen Staaten hat sich die Führung der KP Chinas die Frage gestellt, wieso das Volkseigentum so problemlos in die Hände des alten und neuen Kapitals fallen konnte, wieso es praktisch widerstandslos aufgegeben wurde. Auf der Suche nach einer Lösung wurde die Form der Aktiengesellschaft, die in den Spätwerken von Engels schon als Übergangsform vom kapitalistischen zum gesellschaftlichen Eigentum benannt wurde, aufgegriffen. Mit dieser Form wird heute gearbeitet, aber auch noch experimentiert. Aktiengesellschaften verbinden mehrere gesellschaftliche Eigentümer (Regierung, Provinzen, Städte, Kommunen, andere staatliche Unternehmen, kollektive Betriebe) mit privaten, z. T. auch ausländischen Aktionären.
Auch hier handelt es sich um Formen der Anfangsetappe des Sozialismus.

Prinzipielle Fragen der Entwicklungsstrategie spielen zunehmend eine Rolle in der Diskussion.

  1. Entgegen der Situation in der kapitalistischen Gesellschaft, in der das Kapital eine gesellschaftliche Kraft ist, wurde in der traditionellen sozialistischen Praxis die Staatsmacht absolutes Prinzip und eine Art gesellschaftliches Kapital. Trotz der Neuen Ökonomischen Politik Lenins und der Neudemokratischen Wirtschaftspolitik Mao Zedongs in der historischen Entwicklung des Sozialismus, wurde in der Praxis die der Marktwirtschaft innewohnende Selbstregulierung ignoriert. Als der nationale Aufbau in Gang gesetzt war, wurde der Warenaustausch von der Staatsmacht, die als äußere Macht handelte, schnell beseitigt und an seine Stelle eine Planwirtschaft auf der Grundlage öffentlichen Eigentums gesetzt. Die ökonomische Entwicklung wurde vollständig und direkt von der Staatsmacht gelenkt, die Administration wurde die grundlegende Methode der Verteilung der Ressourcen. Die Staatsmacht wurde zur absoluten Kraft der Kontrolle der Ressourcen, der Antrieb des wirtschaftlichen Wachstums durch die Staatsmacht wurde die Methode einer primitiven Akkumulation von Staatskapital und eine blinde Marktregulierung wurde durch eine blinde Verteilung der Ressourcen durch die Staatsmacht ersetzt. Als alle Aspekte der Lebenswelt unter die Kontrolle einer sichtbaren Hand – eine zwingende Macht geraten waren, befand sich das Volk noch in der Passivität der Selbstentfremdung, unter Kontrolle der gesetzlichen Rechte des Kapitals. Mit anderen Worten, die Waage hatte sich noch nicht zu Gunsten des Sozialismus geneigt, als die formale kapitalistische Freiheit und Demokratie kritisiert wurde.
  2. Der traditionelle Sozialismus hat die Frage der Initiative in der sozial-ökonomischen Entwicklung nicht effektiv gelöst. Die Basis der Dynamik des modernen Kapitalismus, freier Handel und gleicher Austausch wurden die grundlegenden Wege der Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse und Wünsche. In der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft, so sagte Marx, wird die Arbeit auf Grund der extrem hohen Entwicklung der Produktivkräfte und der großen Fülle materiellen Reichtums eine freie und bewusste Aktivität und Grundmethode der Selbsterfüllung statt äußerer Zwang und die Gesellschaft wird nicht mehr “Gier und Macht“ als Hebel der Entwicklung benutzen, es wird keinen Mangel an Motivation für die Entwicklung geben. Aber in den Ländern des Realsozialismus war das Bewusstsein der Menschen nicht nur weit von Selbstlosigkeit entfernt, auch die Produktivkräfte befanden sich weit unter einem hohen Entwicklungsniveau. Es ist eine Tatsache, dass die Arbeit nach wie vor dem Lebensunterhalt dient. Ohne Zwang zum Austausch auf der Grundlage der Wert-Abstraktion haben die Menschen keinen Enthusiasmus zur Arbeit und es ist schwierig, ihre Kreativität herauszufordern. Im Ergebnis ist eine übertriebene Leidenschaft für Arbeit mit niedriger Arbeitseffektivität verbunden.
  3. Der traditionelle Sozialismus zeichnet sich oft als extensives Entwicklungsmodell mit starker Verschwendung natürlicher Ressourcen und einem Mangel an Koordination zwischen sozial-ökonomischer Entwicklung und Schutz von Umwelt und Ressourcen aus.
  4. Im traditionellen Sozialismus gibt es keine koordinierte Entwicklung der Gesellschaft und der Ökonomie einerseits und des politischen und demokratischen Systems sowie von Kultur und Ideologie andererseits. Natürlich kann das Volk die politische Macht nutzen, um das Privateigentum zu stürzen und den Warenaustausch abzuschaffen, aber die Produktivkräfte entwickeln sich nicht automatisch mit Einführung dieser Produktionsverhältnisse, noch entwickelt sich das Denken der Menschen und der entsprechende Überbau automatisch mit den Veränderungen der ökonomischen Basis.

Chinesische Wissenschaftler betonen, dass das Entstehen des real existierenden Sozialismus in östlichen Ländern mit weniger entwickelter Politik, Ökonomie und Kultur zweifellos eines langen Prozesses der Sammlung von Erfahrungen, Vervollkommnung, und Entwicklung bedurfte. Irrtümer im traditionellen sozialistischen Aufbau und Unausgeglichenheiten in der gesellschaftlichen Entwicklung sind nicht absolut unvereinbare Erscheinungen. Dafür gibt es mehrere Faktoren: Einschränkung durch die historischen Bedingungen, aktueller kapitalistischer Druck und natürlich subjektive Fehler. Es ist keine historische, wissenschaftliche Herangehensweise zu behaupten, dass Sozialismus ausnahmslos zur Entfremdung führt.

Die Praxis des Sozialismus erfordert Reformen. Diese verlieren aber ihren Inhalt, wenn sie nur auf die Kritik und Reflektion der Unzulänglichkeiten des traditionellen Sozialismus und einer nihilistischen Ablehnung aller großer Errungenschaften der sozialistischen Praxis basieren, während sie eine kritiklose Haltung gegenüber dem Kapitalismus annehmen.
Vor den Reformen und der Öffnung hatte der sozialistische Aufbau in China sein eigenes Gesicht. Aber generell gehörte er zum klassischen, traditionellen sozialistischen System. Die Wiederherstellung der Beziehungen des Warenaustausches, die Schaffung der Marktwirtschaft und die Entwicklung diversifizierter Wirtschaftssektoren eröffneten der Entwicklung des kreativen Potentials des Volkes große Möglichkeiten. Probleme, die zum traditionellen Sozialismus und der kapitalistischen Gesellschaft gehören tauchten hier simultan auf und die chinesische Gesellschaft ist jetzt ein Gemisch unterschiedlicher gesellschaftlicher Formen mit allen ineinander verflochtenen Problemen.
Sozialistische Staaten entstanden auf einer zurückgebliebenen Grundlage und die Aufgabe des sozialistischen Aufbaus besteht darin, eine menschliche Zivilisation zu schaffen, die nicht nur den Kapitalismus erreicht, sondern ihn übertrifft. Das erfordert, dass die Entwicklung als grundlegende Aufgabe betrachtet werden muss. Nicht jede Form von Entwicklung ist vernünftig und progressiv. Der Kern der wissenschaftlichen Entwicklungskonzeption ist, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Die umfassende Anwendung der wissenschaftlichen Entwicklungskonzeption wird nicht nur auf den sozialistischen Aufbau Chinas, sondern auch auf die Entwicklung der Zivilisation der menschlichen Gesellschaft grundlegenden Einfluss ausüben.


[1] Die 1979 beschlossenen 4 Grundprinzipien beinhalten: Festhalten am sozialistischen Weg, der Diktatur des Proletariats in Form der demokratischen Diktatur des Volkes, an der Führung der Kommunistischen Partei und am Marxismus-Leninismus, dem Denken Mao Zedongs.